Ein
dynamisches Beschaffungssystem (DBS) gehört wohl zu den interessantesten Vergabemethoden. Es handelt sich dabei um ein ausschließlich elektronisches Verfahren für die Beschaffung von marktüblichen Leistungen bei EU-weiten Vergaben und unterschwelligen Ausschreibungen nach UVgO. Im Gegensatz zu Rahmenvereinbarungen steht ein dynamisches Beschaffungssystem über die gesamte Laufzeit jedem interessierten Unternehmen offen. Damit wird bereits der größte Vorteil des Systems deutlich. Denn durch den offenen Charakter, kann die Anzahl der Lieferanten für die ausgeschriebene Leistung stetig erweitert werden.
Ein dynamisches Beschaffungssystem bietet weiterführend die Möglichkeit marktübliche Leistungen zu bündeln und somit zeit- und personalintensive EU-Vergaben zu minimieren, ohne dabei aktuelle Marktentwicklungen der Anbieter ignorieren zu müssen. Denn würde man versuchen die gleiche Leistung über eine
Rahmenvereinbarung (auch mit mehreren Unternehmen) auszuschreiben um EU-Vergaben zu reduzieren, wären die Unternehmen über die gesamte Vertragslaufzeit fixiert. Neue Lieferanten könnten erst wieder bei einer erneuten Ausschreibung berücksichtigt werden und somit würde man neue Entwicklungen auf der Anbieterseite "verschlafen". Nutzt man jedoch ein dynamisches Beschaffungssystem ist man trotz Bündelung flexibel.
Diese Flexibilität verbessert nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern obendrein auch noch die Stabilität des Bezugsweges. Denn sollten ein oder mehrere Lieferanten ausfallen (zum Beispiel wegen Insolvenz), können andere Unternehmen ihre Eignung überprüfen lassen und die entstandene Lücke wieder schließen. Die Verfügbarkeit der Ware oder Dienstleistung kann somit schnell wieder hergestellt werden.
Auch für die Bewerber- bzw. Bieterseite ist ein dynamisches Beschaffungssystem sehr interessant. Denn wie immer im Vergaberecht geht es schlussendlich um den fairen Zugang zu öffentlichen Aufträgen. Nichts könnte für Unternehmen fairer sein, als ein ständiger Zugang zu Qualifizierungsmöglichkeiten und damit potentiell zu Aufträgen der öffentlichen Hand.
Obwohl ein dynamisches Beschaffungssystem viele Vorteile bietet, hat es sich auf dem Markt bisher noch nicht durchgesetzt. Schaut man sich die Veröffentlichungen im Tenders Electronic Daily an, stellt man fest, dass zumindest in Deutschland nur wenige öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber ein dynamisches Beschaffungssystem nutzen. Man kann also durchaus sagen, dass es sich momentan noch um ein zartes Pflänzchen handelt, jedoch besitzt ein dynamisches Beschaffungssystem großes Potential für einen flächendeckenden Einsatz.
Warum bisher nur wenige Auftraggeber die Vorteile erkannt haben, darüber kann nur spekuliert werden. Ein Grund könnte sein, dass es sich um ein rein elektronisches Verfahren handelt und beim Thema Digitalisierung noch etwas Nachholbedarf besteht. Zudem bilden derzeit leider noch nicht alle Vergabeplattformen ein dynamisches Beschaffungssystem zur Nutzung an.
Im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§ 120 Abs. 1 GWB) und in der Vergabeverordnung VgV (§§ 22 bis 24 VgV) werden Grundsätze beschrieben, wann und wie ein dynamisches Beschaffungssystem genutzt werden darf. Zusammenfassend gelten folgende Vorrausetzungen für den Betrieb eines DBS:
Neben der Vergabeverordnung VgV für Liefer- und Dienstleistungen sieht auch die SektVO der Sektorenauftraggeber ein dynamisches Beschaffungssystem vor (§§ 20 bis 22 SektVO), ebenso die UVgO für unterschwellige Vergaben (§ 17 UVgO) und auch die VOB/A-EU (§ 4b EU Abs. 1 VOB/A) für oberschwellige Bauleistungen lässt ein solches Instrument zu. Allerdings sollte die Marktüblichkeit von Bauleistungen und Planungsleistungen im konkreten Einzelfall besonders kritisch überprüft werden. Sobald eine Leistung zu stark in den kreativ-schöpferischen Bereich übergeht, kann die Marktüblichkeit nicht mehr begründet werden.
In der VSVgV für verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Leistungen ist es hingegen nicht vorgesehen. Die Nutzung eines dynamischen Beschaffungssystem erscheint aber zumindest über den "Umweg" des § 147 GWB plausibel.
Wird ein dynamisches Beschaffungssystem durchgeführt, findet es im Grunde in zwei Schritten statt. Zuerst wird ein Teilnahmewettbewerb durchgeführt, der die Eignung der Bewerber anhand vorher festgelegter Kriterien überprüft. Im Ergebnis entsteht eine Art "Lieferantenpool" mit geeigneten Unternehmen, die die aufgestellten Eignungskriterien erfüllen.
Ein dynamisches Beschaffungssystem besitzt einen sehr offenen Charakter, denn Unternehmen können sich über die gesamte Laufzeit bewerben und ihre Eignung überprüfen lassen. Der Teilnahmewettbewerb ist dadurch faktisch in einen initialen und einen fortlaufenden Teilnahmewettbewerb unterteilt.
Sobald ein konkreter Bedarf entsteht, wird die Leistung in sogenannten Miniwettbewerben bei allen geeigneten Unternehmen des Lieferantenpools angefragt. Anhand von vorher festgelegten Zuschlagskriterien wird das wirtschaftlichste Angebot ermittelt und bezuschlagt. Dieses Vorgehen wird wiederholt, sobald neue Bedarfe entstehen.
Ein dynamisches Beschaffungssystem besteht somit aus einer Teilnahme- und einer Angebotsphase.
Der initiale Teilnamewettbewerb startet mit der Bekanntmachung im Tenders Electronic Daily (TED). Die entsprechenden Regelungen zum Betrieb finden sich in § 23 VgV. Ein dynamisches Beschaffungssystem setzt demnach grundsätzlich die folgenden Angaben voraus:
Es gelten zudem Mindestfristen, welche sich in § 24 VgV finden:
Die Mindestfrist für den Eingang der (initialen) Teilnahmeanträge beträgt 30 Tage (ohne Vorabinformation). Sobald die Aufforderung zur Angebotsabgabe für die erste einzelne Auftragsvergabe abgesandt worden ist, gelten keine weiteren Fristen.
Die Zeit für die Bewertung der eingegangenen Teilnahmeanträge beträgt 10 Arbeitstage (15 Arbeitstage in begründeten Einzelfällen). Eine Fristverlängerung ist möglich wenn die erste Aufforderung zur Angebotsabgabe noch nicht versendet wurde. Über die Zulassung oder Ablehnung wird jedes Unternehmen unverzüglich informiert.
Praxistipps zum Teilnahmewettbewerb
Nach dem initialen Teilnahmewettbewerb, in dem sich idealerweise mehrere Unternehmen qualifiziert haben, startet die Aufforderung zur Angebotsabgabe im Miniwettbewerb sobald ein Bedarf an der ausgeschriebenen Leistung entsteht. Auch hierzu finden sich die entsprechenden Regelungen in der VgV:
Nach § 23 Abs. 6 VgV müssen im Miniwettbewerb eines dynamischen Beschaffungssystem, alle als geeignet eingestuften Bewerber zur Angebotsabgabe aufzufordern werden. Wurde ein dynamisches Beschaffungssystem in Kategorien untergliedert, werden jeweils alle für die einem konkreten Auftrag entsprechende Kategorie zugelassenen Bewerber aufgefordert, ein Angebot zu unterbreiten.
Die Angebotsfrist beträgt nach § 24 Abs. 4 VgV mindestens 10 Tage.
Vergessen Sie nicht die Vergabebekanntmachung nach § 39 Abs. 4 VgV. Darin heißt es sinngemäß: alle Einzelaufträge, die im Rahmen eines dynamischen Beschaffungssystems vergeben wurden, müssen in einer vierteljährlichen Zusammenstellung bekanntgemacht werden; die Zusammenstellung muss spätestens 30 Tage nach Quartalsende versendet werden.
Praxistipps zum Miniwettbewerb
Jetzt haben Sie alle wichtigen Informationen und Besonderheiten zum dynamischen Beschaffungssystem erhalten. Hier noch einmal die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
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