Das
Verhandlungsverfahren ist eine besondere Verfahrensart welche für europaweite Ausschreibungen genutzt wird. Das Pendant für nationale Ausschreibungen im Unterschwellenbereich (nach UVgO), heißt Verhandlungsvergabe. Ob nationale oder europaweite Ausschreibungen, wie die Namen schon vermuten lassen, ist es dem Auftraggeber bei diesen Verfahren gestattet zu verhandeln.
Verhandelt werden darf beim Verhandlungsverfahren sowohl über den Preis als auch über den Leistungsgegenstand, also um den gesamten Angebotsinhalt mit Ausnahme der vom öffentlichen Auftraggeber in den Vergabeunterlagen festgelegten Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie der Mindestanforderungen.
Außerdem darf der Leistungsinhalt nicht wesentlich verändert werden. Würde man die Leistung im Verhandlungsverfahren entsprechend so weit verändern, dass sich der Bewerber- bzw. Bieterkreis erweitern würde, wäre dies eine wesentliche und unzulässige Änderung.
Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten von Verhandlungsverfahren. Zum einen das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb und zum anderen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb. Wann und unter welchen Voraussetzungen diese Verfahren genutzt werden sollten und dürfen, erfahren Sie hier.
Das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb darf bei Anwendung der VgV, sowie bei Bauleistungen nach VOB/A-EU nur unter bestimmten Voraussetzungen angewendet werden. Diese finden sich in § 14 Abs. 3 VgV und § 3a EU Abs. 2 VOB/A. In der VSVgV (im Bereich Verteidigung und Sicherheit) sowie der SektVO (für Sektorenauftraggeber) ist das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb hingegen jeweils als Standardverfahren definiert und kann ohne Begründung genutzt werden.
Sinn macht das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb immer dann, wenn z.B. eine Leistung nicht bis ins letzte Detail, also nicht erschöpfend beschrieben werden kann oder der Auftraggeber sich aus wirtschaftlichen Gründen eine Verhandlung im Zuge eines Verhandlungsverfahrens vorbehalten möchte.
Die Darstellung zeigt den Ablauf des Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb sehr anschaulich.
Nach der allgemeinen Vorbereitung und Veröffentlichung der Bekanntmachung im Tenders Electronic Daily (TED) startet zuerst der Teilnahmewettbewerb. Das heißt der Auftraggeber prüft im ersten Schritt die Eignung der Bewerber anhand von vorher festgelegten Eignungskriterien. Nur die Bewerber, die entsprechend der Kriterien geeignet sind, dürfen ein Angebot abgeben. Für ungeeignete Bewerber ist das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb bereits an dieser Stelle beendet. Der Auftraggeber darf sich auch vorbehalten Eignungskriterien zu werten um im Anschluss nur mit einer vorher festgelegten Anzahl an Bewerber fortzufahren.
In der Angebotsphase fordert der Auftraggeber die geeigneten Bewerber zur Abgabe eines Erstangebotes auf und prüft diese anschließend. Bei einem Verhandlungsverfahren sollte der Auftraggeber sich in der Regel vorbehalten das Erstangebot zu bezuschlagen. In dem Fall haben die Bieter kein Anrecht auf eine Verhandlung (§ 17 Abs. 11 VgV).
Dem Auftraggeber ist es im Verhandlungsverfahren gestatten ein oder mehrere Verhandlungsphasen zu starten. Wichtig dabei ist, dass alle Bieter die ein Erstangebot eingereicht haben gleichbehandelt werden. Auch hier ist eine Abschichtung möglich.
Am Ende des Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb fordert der Auftraggeber die Bieter jeweils zur Abgabe eines finalen Angebotes auf und bewerte dieses anhand der festgelegten Zuschlagskriterien. Das wirtschaftlichste Angebot erhält den Zuschlag. Zum Abschluss veröffentlicht der Auftraggeber die Bekanntmachung über vergebene Aufträge
fristgerecht
im TED.
In allen Phasen des Verhandlungsverfahrens ist es den Bewerbern bzw. Bietern gestattet Bieterfragen zu stellen, diese wird der Auftraggeber zeitgleich allen anonymisiert beantworten.
Praxistipps zum Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb
Das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb ist ein stark wettbewerbseinschränkendes Verfahren und darf deshalb nur in begründeten Fällen verwendet werden. Je nach Anzahl der Teilnehmer (dies hängt wiederum von der Begründung ab) schränkt es den Wettbewerb sehr stark ein oder schließt ihn sogar ganz aus. Deshalb sind die Hürden für Auftraggeber auch relativ hoch. Unter folgenden Voraussetzungen ist es dem Auftraggeber gestattet ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb zu nutzen (Beispiele aus der VgV):
Hinweis: Neben der VgV setzen alle Vergabeverordnungen eine Begründung für die Nutzung des Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb zwingend voraus. Genaueres findet sich in den jeweiligen Verordnungen.
Der Ablauf des Verfahrens weicht vom Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb ab.
Das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb startet ohne Bekanntmachung im TED direkt mit der Angebotsphase und der Aufforderung zur Angebotsabgabe. Der Teilnahmewettbewerb entfällt vollständig. Andere Marktteilnehmer werden nicht berücksichtigt. Das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb darf deshalb nur verwendet werden, wenn die Voraussetzungen erfüllt werden.
Die eingegangenen Erstangebote werden entsprechend geprüft. Der Auftraggeber sollte sich auch beim Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb in der Regel vorbehalten das Erstangebot zu bezuschlagen (nach § 17 Abs. 11 VgV). Die Bieter haben dadurch kein Anrecht auf eine Verhandlungsrunde.
Der Auftraggeber darf ein oder mehrere Verhandlungsrunden durchführen. In der Verhandlungsphase sind die Bieter entsprechend gleich zu behandeln.
Am Ende des Verhandlungsverfahrens fordert der Auftraggeber zur Abgabe eines finalen Angebotes auf, prüft dieses und erteilt den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot.
Zum Abschluss erfolgt die Bekanntmachung über vergebene Aufträge im TED.
Praxistipps zum Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb
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