Um Ausschreibungen gewinnen zu können, müssen Sie sich auf öffentliche Ausschreibungen bzw. um öffentliche Aufträge bewerben. Doch was sind eigentlich öffentliche Aufträge und wann müssen diese überhaupt ausgeschrieben werden?
Im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§ 103 GWB) sind öffentliche Aufträge als entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen definiert. Schenkungen oder Spenden sind somit keine öffentlichen Aufträge und unterliegen damit auch nicht dem Vergaberecht. Zusätzlich sind nach § 107 GWB allgemeine Ausnahmen vom Vergaberecht definiert. Zum Beispiel für Miete, Pacht oder den Erwerb von Grundstücken und Gebäuden, ebenso für Arbeitsverträge. In diesen Fällen kann der öffentliche Auftraggeber aus vergaberechtlicher Sicht wie ein Privatunternehmen agieren.
Grundsätzlich werden öffentliche Aufträge entweder national oder europaweit ausgeschrieben. Entscheidend dafür sind die sogenannten EU-Schwellenwerte. Liegen die Schätzkosten des Auftrages unterhalb der Schwellenwerte wird national ausgeschrieben. In Deutschland gibt es allerdings kein einheitliches nationales Vergaberecht. Die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) wird zwar von den Bundesbehörden angewendet, Länder und Kommunen können allerdings abweichende Regelungen treffen.
Interessanter für mittelständische Unternehmen sind EU-weite Ausschreibungen mit Schätzkosten oberhalb des jeweiligen EU-Schwellenwertes. Einerseits handelt es sich dabei um potentiell lukrativere Aufträge da der Auftragswert höher ist und andererseits gibt es einheitliche Regeln für die Vergabe EU-weiter öffentlicher Aufträge, unabhängig davon wo in Deutschland der Auftraggeber ansässig ist. Ein weiterer Vorteil ist, dass Sie als Bieter das Recht haben, Vergaberechtsverstöße zu rügen. Das könnte je nach Vergaberechtsverstoß sogar dazu führen, dass der Auftraggeber die Vergabe wiederholen muss. Bei nationalen Ausschreibungen hingegen könnten Sie maximal Schadensersatz für Ihre Aufwendungen im Verfahren einklagen.
Der Auftraggeber kommt also nicht zu Ihnen, sondern Sie müssen vereinfacht gesagt zum Auftraggeber gehen, damit Sie überhaupt Ausschreibungen gewinnen können. Doch wie funktioniert das? Anrufen, anschreiben, Werbung im Internet schalten? Nein, nichts davon, es geht viel einfacher. Denn oberschwellige öffentliche Aufträge werden europaweit im Tenders Electronic Daily (TED) veröffentlicht.
Dort finden Sie sämtliche Ausschreibungen oberhalb der EU-Schwellenwerte aus der gesamten Europäischen Union. Mit entsprechenden Filtern können Sie sich ganz einfach die für Sie interessanten Ausschreibungen kostenlos heraussuchen.
Beachten Sie einige Besonderheiten bei Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber, dann haben Sie gute Chancen die Ausschreibung zu gewinnen. Sie müssen vor allem daran denken, dass Vergabeverfahren sehr formgebunden sind. Halten Sie sich also auf jeden Fall an die Vorgaben des Auftraggebers zum Verfahrensablauf. Je nach Art des Fehler können oder müssen Angebote vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Oft ist es nicht möglich Unterlagen einfach nachzureichen oder zu korrigieren, wie es im privatwirtschaftlichen Umfeld durchaus üblich ist.
Was Sie im Detail beachten müssen, hängt natürlich von der verwendeten Vergabeverordnung und Vergabeart ab. Daraus resultieren unterschiedliche Rechte und Pflichten für Auftraggeber und Bieter. Hier erhalten Sie wichtige Hinweise, die Ihnen helfen werden, wertbare Angebote einzureichen. Dadurch erhöhen sich Ihre Chancen Ausschreibungen zu gewinnen enorm.
Bei Anwendung einiger Vergabearten (z.B. Nicht offenes Verfahren, Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb) prüfen die Auftraggeber zuerst die Eignung der Unternehmen, bevor diese überhaupt zur Angebotsabgabe aufgefordert werden. Aber auch beim Offenen Verfahren werden ggf. zusätzliche Eignungskriterien gefordert.
Achtung, an dieser Stelle können Sie viel Zeit sparen! Denn:
Bevor Sie sich im Detail mit der Leistung auseinandersetzen, sollten Sie unbedingt prüfen, ob Sie die Eignungskriterien des Auftraggebers erfüllen. Sollte das nicht der Fall sein, macht es keinen Sinn, sich weiter mit der Ausschreibung zu befassen. Bieter die die Eignungskriterien nicht erfüllen, können kein Angebot abgeben bzw. deren Angebote werden nicht gewertet.
Wenn Sie dennoch an der Ausschreibung teilnehmen wollen, bleibt Ihnen nur noch die Möglichkeit sich Partner zu suchen, mit deren Hilfe Sie die Eignungskriterien erfüllen. Dies kann über Eignungsleihe oder eine Bietergemeinschaft erfolgen.
Fristen sind für Sie als Bieter Fluch und Segen zugleich. Das Vergaberecht gibt beispielsweise Fristen für die Angebotsabgabe vor. Einerseits schützen diese Regelungen die Bieter davor unter Zeitdruck gesetzt zu werden, andererseits wird ein zu spät eingereichtes Angebot nicht gewertet.
Es gibt eine ganze Reihe anderer Fristen. Diese können Sie je nach angewendeter Vergabeverordnung und Vergabeart entsprechend nachlesen. Sollten gesetzliche Fristen dabei unterschritten werden, dann melden Sie dies rechtzeitig beim Auftraggeber an (rügen). Generell gilt: Halten Sie sich unbedingt an vorgegebene Fristen des Auftraggebers oder rügen Sie rechtzeitig.
Bieterfragen sind ein Mittel des Bieters den Auftraggeber bei Unklarheiten um Aufklärung zu bitten. Bieterfragen sind aber nicht nur Ihr Recht, sondern auch Ihre Pflicht. Bei offensichtlichen Fehlern oder missverständlichen Formulierungen müssen Sie um Aufklärung bitten. Kommen Sie dem nicht nach, kann dies zu Fehlern im Angebot führen, welches dann z.B. wegen formaler Fehler vom Auftraggeber auszuschließen ist.
Der Auftraggeber wird die Bieterfragen aller beteiligten Unternehmen "sammeln" und diese mit den entsprechenden Antworten anonymisiert allen Bietern zugänglich machen. So profitieren Sie auch von Bieterfragen Ihrer Konkurrenten.
Rügen damit ist leider nicht die schöne Insel an der Ostsee gemeint. Nein, mit dem Begriff "Rüge" ist die Möglichkeit des Bieters gemeint den öffentlichen Auftraggeber auf Vergaberechtsverstöße im Vergabeverfahren hinzuweisen und auf Korrektur dieses Fehlers hinzuwirken (ab § 160 GWB).
Sollten Sie in einem Vergabeverfahren vermeintliche Verstöße gegen das Vergaberecht bemerken, müssen Sie diese zuerst beim Auftraggeber anmelden und ihm damit die Möglichkeit einräumen, seinen Fehler zu korrigieren. Ganz wichtig dabei, weisen Sie nicht nur auf den Verstoß hin, sondern fordern Sie ganz konkret die Korrektur des Fehlers.
Beispiel: "Die gesetzlich vorgeschriebene Angebotsfrist wurde unterschritten. Wir fordern Sie daher auf, die Frist entsprechend um X Tage zu verlängern"
Sollte der Auftraggeber den Fehler nicht korrigieren, wird er Ihnen sein Vorgehen erläutern und begründen, warum seiner Meinung nach kein Vergaberechtsverstoß vorliegt. Oft kann bereits dadurch Klarheit geschaffen werden. Falls nicht, haben Sie die Möglichkeit den Vorgang an die zuständige Vergabekammer weiterzuleiten. Diese wird den Sachverhalt prüfen und entweder dem Auftraggeber Recht geben oder ihn anweisen den Fehler zu korrigieren oder eventuell sogar das Vergabeverfahren neu zu starten (je nach Art des Fehlers). Gegen die Entscheidung der Vergabekammer kann von beiden Parteien jeweils vor dem zuständigen Oberlandesgericht geklagt werden.
Bitte beachten Sie, dass Ihnen durch eine Rüge bereits vor der Vergabekammer Kosten entstehen. Wichtig zu wissen ist auch, dass Sie Fehler nicht rügen müssen. Sollten Sie dies jedoch nicht fristgerecht tun, können Sie sich im nachfolgenden Verfahren aber auch nicht mehr auf den Verstoß berufen.
Sie sind an öffentlichen Aufträgen interessiert und möchten Ausschreibungen gewinnen? Ich unterstütze Sie dabei. Vereinbaren Sie jetzt Ihr kostenloses Erstgespräch.
Vergabe Plus